29. Dezember 2011

zwischen den welten tragen wir einen tarnumhang

Zwischen meinen zerwühlten Laken tauchst du auf, zwischen den Kissen und den Küssen bist du plötzlich da und schaust mich an. Ich sehe dich überall da, wo ich dich nicht sehen sollte, wo ich dich gehen lassen sollte und loslassen, wo ich nicht ganz anwesend bin und meine Gedanken die Welt füllen mit deinem Geruch, deinem Lachen, mit dir und deinen Dämonen, mit meinen Geheimnissen und meiner Verwirrung manchmal. Ich spür dich auf, dir nach und hinterher so oft du gehst, so oft du „ja“ sagst und ich „vielleicht“ verstehe, so oft ich schweige, weil ich fürchte, dass das alles eine Nummer zu groß ist für mich, um es noch halten zu können. Hilf mir dabei.

27. Dezember 2011

rausch|en

Wie ein Kopfnicken bist du, ein schweigsames Nicken. In Gedanken bau ich ein Haus für uns, für uns alle, mit vielen Zimmern und einem Garten wie ein Meer, mit Gläsern für Zwölf und breiten Betten, einem Tisch, groß wie unsere Herzen, damit jeder Platz findet, damit man endlos Gespräche führen kann, damit man sich verstehen lernt und vertrauen, damit man gemeinsam sein kann, was keiner von uns alleine schafft. Und Ärger gäbe es und Zwist und Zank in diesem Haus, Streit und Uneinigkeiten mitunter, Eifersucht und Missverständnisse, aber auch etwas, das uns zusammenschweißt und hält und trägt und immer leiten sollte in allem: etwas wie Liebe, nur größer. Dann säße ich im Garten, rauchend und sehnend und wissend irgendwie, wissend, dass alles schon irgendwie okay ist mit uns und unseren verwirrten Gedanken.

Ein Kopfnicken bist du, ein schweigsames Nicken und ich schau hoch zu dir und deine Augen versuchen etwas zu sagen, das ich in all dem Lärm um uns herum einfach nicht hören kann. Statt zu reden küssen wir uns, statt uns zu küssen halten wir uns aneinander fest, ich will nicht mehr loslassen und tue es doch. Diese Nacht eine Lehrstunde für mich, du kannst mir nicht helfen dabei, eine Stunde später lerne ich meine Lektion und die Welt schrumpft vor meinen Augen zu einem Punkt. Auf dem Weg nach Hause wünschte ich, du würdest dort auf mich warten, um mich in den Arm zu nehmen und zu schweigen, ein stilles Nicken, ein schweigsames Verstehen, ein Anker und Land in Sicht, wer bist du, mein Fremder, wer bist du, dass ich immer wieder in deinen Armen an Land gehe, wie stürmisch die See auch ist, wie hoch auch die Wellen schlagen, wie sehr auch die Irrfahrten zehren.

22. Dezember 2011

das glas leert sich nicht von selbst

Man verpasst es, unbemerkt. Diese Besinnlichkeit, das Runterkommen und mal nicht Rumwuseln, das Einkuscheln in eine Decke mit einer Kanne Tee und in einem Buch lesen, das In-die-Luft-gucken und einfach glücklich sein. Aufwachen und feststellen, dass die Zeit viel zu schnell vergeht zwischen unausgeschlafen auf Arbeit gehen und totmüde ins Bett fallen, aufwachen und trotzdem weiterschlafen innendrin, nur zwischendurch mal die Augen aufmachen, wenn dir das Herz aufgeht für ein paar Stunden oder ein paar Minuten, plop, wie eine Flasche Wein und dann schnell daraus trinken so viel nur geht, bevor es sich leise mit einem Ziehen in der Brust wieder schließt.

 

19. Dezember 2011

abenteurer ziehen die schuhe aus und springen

Verdrehte Köpfe und haltlose Welten, sing a song of happiness and desaster, einen durchsichtigen Blues. Zwischen den Schulterblättern juckt es manchmal, das ist schon okay so, wenn jemand versehentlich beim Kraulen einen Nerv trifft, das muss so, nicht anders, merk dir die Stelle, wer weiß, wann es nutzbar wird. Fremd bin ich, fremd bist du, fremd diese Bedingungslosigkeit und doch hier, zwischen den Geschichten und Märchen, zwischen Utopie und Erinnerung, zwischen den Welten, ich voller Sehnsucht, du ein scharfes Schwert manchmal, wir getrieben und neugierig, barfuß auf den Klippen am Meer.

18. Dezember 2011

und nachts die katzen, kunterbunt

So tanzt du also durch die Nacht, mit diesem Loch im Herz und den vielen Fragen im Kopf. Wie sehr kann es einem Menschen eigentlich egal sein, was andere über ihn denken? denkst du und trinkst darauf noch einen Schnaps, cheers, das Leben kann uns mal, wir tun, was wir nicht lassen können und zählen die Schnitte im Fleisch dann später, wenn das Blut nicht mehr fließt. Tritt um Tritt weiter hinein in den Sumpf, aus dem du dich nicht mehr selbst herausmanövrieren kannst, Schritt um Schritt weiter weg von dir oder näher heran, alles wird uneindeutig und nebulös, bis du eine Wahrheit auf der Zunge trägst und aufschaust in ein Augenpaar. Clearly, so shiny, fantastico. Etwas bricht, bricht auf und um, wer hat Schuld daran, wenn man zwar nichts bereut aber das dringende Bedürfnis hat, sich zu entschuldigen, um Verzeihung zu bitten, die Hände dabei vor das Gesicht zu legen und zwei Tränen zu weinen, eine für sich selbst und eine für die Anderen, wer trägt die Last und wer die Leichtigkeit. Wer trägt dich durch den Sumpf und wer kann deine Wunden noch zählen, wenn du selbst nur die Wunden der Anderen zählst, die du ihnen mit scharfen Krallen geschlagen hast, da ist Blut an deinen Händen, siehst du es nicht. Wem kannst du trauen, wer traut dir noch, wenn du zerreißt und zerbrichst.

17. Dezember 2011

blink

Wenn es dann dunkel wird draußen und du die Füße unter die Decke steckst, wenn es dunkel wird und deine einsame kleine Lichterkette alles gibt, um gegen die Schwärze anzukämpfen. Aufraffen, aus dem Haus gehen, Menschen sehen und wie paralysiert die Weihnachtsmarktgänger mit ihren Glühweingesichtern und Lebkuchenkörpern anstarren, dabei Polaroids im Kopf vergleichen und sich selbst von oben beobachten, der Saxophonist trötet schräge Weihnachtslieder, er kann den Blues hundertfach besser spielen aber tut es nicht. Im Kopf ist alles gut so weit, im Kopf da klopft es ab und an von innen gegen die Schädeldecke aber das macht nichts, das ist normal so, das bisschen Geklopfe rüttelt dich nur wach und lächelt freundlich aber bestimmt, wenn du mal wieder kurz davor bist, blind gegen einen Laternenpfahl zu rennen. Mach die Augen auf und sieh dir an, was du getan hast in diesem Jahr, und vor allem was du nicht getan hast in diesem Jahr: Drauflosleben.

13. Dezember 2011

der einsame saxophonist spielt den grenzgängerblues

Wir wandern und warten, halten inne, halten aus und uns an den Händen manchmal. Das ist ein Gefühl wie ein Orchesterdebakel, crescendo mit Blick zum Himmel, überbordend, die Wellen schlagen hoch und mein Herz. Ich möchte sagen, dass es in deinen Händen liegt, aber das stimmt nicht. Man formt aus den Händen ein Nest und ich lege mein Herz für ein bisschen Ruhe hinein, für ein bisschen Ablenkung und Wärme in dieser Zeit, und wenn wir gehen, legt man es vorsichtig zurück an seinen Platz, ganz sachte, damit es nicht zerkratzt. Ich möchte das mit der Selbstverständlichkeit eines traurigen Clowns tun und weiß nicht, ob es klappt, wir verlieren uns in unseren Geistern und Welten und an den Grenzen stehen keine Schlagbäume, nur Schilder. Wegen Baustelle geschlossen. Aber innendrin sind wir jung und dumm und mutig genug, auf den Baugerüsten herumzuklettern, mit dem feuchten Beton Luftschlösser zu bauen, Mauern einzureißen mit Vorschlaghammern groß und klein wie wir selbst, fortissimo, ein Kuss, decrescendo, ein Blick, ein Blues, ein Saxophon und das Kleingeld in meiner Tasche werfe ich in deinen Hut.

11. Dezember 2011

hungrige münder erzählen sich geschichten von anderswo

Und wenn wir dahintreiben in der Nacht und man allein ein Bett nicht ausfüllen kann. Unter diesen Sternen tanzen wir mit dem Mond, sie kennt mich in meinen dunkelsten Zeiten und weint mit mir, schaut auf mich herab wie ich sehne und sinne und mir das Blut in den Adern gefriert manchmal beim Blick auf die Anderen, rastlos mit Versprechen auf den Lippen und dem schwarzen Duft der Lust im Haar. Ich halte mich an dir fest, nachts, wenn einer neben mir liegt und atmet, nichtatmet, atmet, nichtatmet und mir in die Seele singt wie eine Amsel, ich halte dich fest an mir, das stimmt so nicht. Hungrig ist mein Mund nach Küssen und Märchen, nach Haut und Lügen, nach einer Hand an meinem Hals und einer Hand in meinem Nacken, nach Lust und Begierde und spätem Schlaf. In manche Menschen verliebt man sich nicht, in manche Menschen braucht man sich nicht verlieben, da ist was, da ist etwas, da flüstert mir irgendetwas Geschichten von Frühling und ich stehe einfach nur da und höre meinem Hunger zu, wie er mir Seltsamkeiten unter die Haut tätowiert mit spitzer Nadel. Ein Bild wie ein Bergwerk, ein Herz wie ein Wolf, eine Hand für eine andere.

5. Dezember 2011

reisende soll man nicht aufhalten

In deine Wäsche hat man deinen Namen eingenäht, damit nichts durcheinander gerät, auf deiner Zahnbürste stehen deine Initialen und ein kleines Nähset hat man dir auch eingepackt. Bestens gerüstet also, mit der Regenjacke im Koffer und den Hausschuhen, mit der Matschhose und dem Schlafanzug, rundum abgesichert und zwei belegte Brote dabei. Es sind sogar Gurken darauf und etwas Salat. Frohen Mutes voran, dem geordneten Abenteuer entgegen, es kann nichts passieren, es ist alles im Lot, geplant und organisiert, ich lache wild. Dann bricht das Kartenhaus zusammen. Ich lache noch ein bisschen lauter, die letzte Karte ist auf dem Boden gelandet, meine Augen werden groß, ich ziehe die nassen Schuhe aus und stehe in einer Pfütze aus Unwissenheit. Dafür hat dir niemand etwas in den Koffer gepackt, für diese Situation bist du nicht gerüstet, hier endet der Urlaub und das Abenteuer beginnt. Ich habe zu lachen aufgehört. Dafür aber trage ich ein Lächeln auf den Lippen, dass so uneindeutig ist wie der ramponierte Koffer, den ich hinter mir abstelle, um vorwärts zu gehen.

3. Dezember 2011

mit deinen augen will ich die welt in splittern liegen sehen

Dann lächelst du und weißt nicht weiter, /ignore, nur nicht aufhalten lassen, drüber nachdenken ist überbewertet, es geht um das Leben, wer will schon vorankommen, wenn das Hier und Jetzt so perfekt ist. Wolkenhaufen im Kopf und Zuckerwatte im Bauch, eine Träne im Augenwinkel und roter Mohn im Haar, darüberstehen, darüber schreiben, darüber mal nicht den Kopf zerbrechen lassen. Auf dem Weg irgendwohin, ich finde nie den kürzesten Weg, ich gehe immer Umwege, manchmal meilenweit. Durch und durch, in der Hand einen Sperling mit gebrochenem Flügel, wer muss schon fliegen können, wenn er all diese Erinnerungen im Kopf hat, wer muss schon sagen können, was richtig oder falsch ist, so lange es sich gut anfühlt, abgedroschen vielleicht, aber alles andere als einfach trotzdem.