28. Januar 2012

der preis steigt mit dem fallenden schnee

Was uns das kosten wird, dieser Winter, was uns das nehmen wird und ob wir im Frühling dann vielleicht wieder etwas zurückbekommen davon. Wenn uns die Dinge im Kopf herumgehen und nicht stehenbleiben wollen, wenn uns ein Lächeln aus der Bahn wirft und auf die Knie, wenn du mich ansiehst und durch mich hindurch. Verlier den Verstand und die Zurückhaltung, verlier deine Zweifel und diese Maske, verlier deine Angst, aber nicht ganz. Behalte einen Rest davon. Wie diesen Rest, der im Weinglas festtrocknet, bis du dich aufraffen kannst und endlich mal abspülst, dabei das Glas hin- und herwendest in deinen Fingern und dich fragst, ob der Moment wiederkommen wird, Einzug halten wird in dein Herz oder abperlen wird an deinem Unverständnis. Ich bin so beschäftigt, dass ich mit offenen Augen tagträume, so seltsam verwundet, dass ich mich kaum noch spüren kann.

26. Januar 2012

im dunkeln sieht man mit den händen

Dann hältst du mich fest und ich mich am Moment, wer muss sprechen und sich den Mund fusselig erklären, wenn es so einfach sein kann. Woher weiß ich, wer du bist und wie du mich siehst, im Nebel vielleicht oder Licht, im Alleingang oder durch die Erzählungen der anderen, unter Umständen oder über alle Grenzen hinweg, ich ahne schon lange nichts mehr, ich vermute nur noch ins Blaue hinein, vielleicht träume ich ein bisschen. Gerade genug, um nicht an den Tatsachen zu zerbrechen, zu wenig, um über sie hinwegzukommen. Umbrüche brauchen Zeit und Vorbereitung, Umbrüche finden nicht von jetzt auf gleich statt, sagst du und ich schaue zurück, nur auf ein Jahr und denke: Wenn das alles nur Vorbereitung war für einen Umbruch, was soll dann noch kommen und wer hält mich im Arm wenn es soweit ist, damit ich das durchstehe; allein ist nichts für mich, nicht heute, nicht hier, bitte nicht.

20. Januar 2012

die lehrbücher haben uns verraten

Wie man versucht, anders zu sein und halt doch auf die Schnauze fällt dabei. Mit dem Gesicht auf dem Asphalt liegst du und träumst vom Frieden mit dir selbst, während die Welt sich weiterdreht und Dinge passieren, ebenmalso, ganz nebenbei. Einfluss nimmst du nicht, Einfluss gibst du; heute keine Prinzessin und morgen keine Königin, nur du, mit allen Ängsten und Wunden und Unerklärlichkeiten. Manch einer durchschaut dich, bis ganz runter auf den Grund, Apnoetauchen, Herzstillstand und zwar den Schatz gefunden aber nur aus Versehen. Die Intention für die Expedition war die falsche, macht nichts, irgendwie kommt man immer ans Ziel, auch mit den falschen Seekarten und einem kaputten Kompass, das kennt man ja, da kennen wir uns aus, wenn es ums Navigieren durch trübe Gewässer geht; trüb, das kennen wir, aus den Nächten voller Zweifeln und den Gesprächen voller Missverständnisse, vom Wandeln auf den schmalen Graten und dem Immerwiederstolpern dabei. Wir sind so voll mit Ungeduld und Sehnsucht, dass uns die leiseste Kritik zum Kotzen bringt, raus damit, alles muss raus, der Rotz, die Tränen und die Angst, diese verdammte Angst vor allem.

17. Januar 2012

ich eine sphynx

Ich spreche nicht, ich rede nur ein bisschen. Auf meiner Zunge liegt eine Wahrheit, sie kommt nicht darüber hinaus, sie verreckt mir auf den Lippen. Warum küsst du sie dir nicht von dort fort, das wäre des Rätsels Lösung, ich schweige, du auch. Zurück bleibt kalter Rauch und der schale Geschmack meiner eigenen Unsicherheit, ich will nicht mehr Sehen müssen, stich mir die Augen aus. Damit ich blind sein kann nur für ein paar Wochen, um zu erfahren, welche Erinnerungen in meinem Kopf wirklich Erinnerungen sind und welche Blenderei, hervorgerufen durch das Immerwiedervoraugenführen einiger schöner Momente. Offenen Augs und mit zusammengebissenen Zähnen schläft es sich schlecht, ich träume nicht mehr, etwas fehlt oder etwas ist zu viel, who knows, who cares, who needs things like this.

wir geraten nicht aus den fugen, wir füllen sie mit wein

Mit diesem Muskelkater in unseren Köpfen werden Situationen zu Seltsamkeiten. Anfangs eine Fremde, später ein Teil von allem; der Wein ist gut, was habe ich anderes erwartet: Musik und Wein und dieser Geruch, den ich nicht vergesse. Welche Rolle spiele ich, ich habe den Text nicht parat, keiner souffliert, nur das Glas raunt mir wenig hilfreich Dinge ins Ohr, Fragen und ein bisschen Einsamkeit. Wir improvisieren, damit kennen wir uns aus, das Französische daran ist die leichtgenommene Schwere, das Wollen und Hinauszögern und zur Ablenkung noch einen Roten, bis die Zunge schwer wird und man eine Entschuldigung hat für das Nichtgesagte, das Nichtküssen, das Festhalten und Liebkosen mit Sicherheitsabstand, damit einen die Sehnsucht nicht auffrisst. Was war da nochmal, letztes Jahr, was war da noch gleich, wen interessiert das und wer kann so schnell lernen aus all dem, wer will das schon, ich nicht, du nicht, wir stolpern blind und ohne doppelten Boden durch unsere Befindlichkeiten und weinen nachts dann ein bisschen in unseren Betten, winzige Boote auf offener See, vor der Küste die Klippen.

14. Januar 2012

fallweise fällen wir blumen statt bäume

Ob man das aushalten kann, fragst du. Geradenochso, antworte ich, unter Umständen, die dir den Blick auf gestern erlauben, das Heute aber übermalen mit Weichzeichnern, mächtig wie deine Träume vom ständigen Zeitmangel. Ach, sagst du.
Wie wir da so im Schneegestöber stehen, wetterfest und ungelenk, wie wir dabei selbst zum Schneegestöber werden. Unter unseren Füßen türmen sich die vergessenen Lachfältchen und hingeworfenen Ideen zu kleinen Eisklumpen und ich sehne mich nach einer Schneeballschlacht. Unter all dem Eis muss doch etwas sein, vermute ich und fange zu graben an mit bloßen Händen, mit nacktem Herz vor der Kälte kniend in dünnen Schuhen, während andere nebenan einen Eispalast errichten, eine Mauer gegen den Wahnsinn und das Durcheinander meiner Welt. Schneeprinzessin, Winterkind, kein Wunder aber Wunden, was wäre, wenn es nie mehr Frühling würde.

10. Januar 2012

fade|in

Anschauen und innehalten, keine Pläne schmieden aber schmiedeeiserne Klettergerüste bauen aus Gemeinsamkeiten. Was uns einengt ist Glas nur, nur Durchsichtigkeiten und Weite, wir sind so herzzerreißend herzlos manchmal, dass es fast schmerzt. Wenn man uns eine Frage stellt, für die wir nur ein Lachen übrig haben und wilde Küsse, wenn man uns für/wahr/nimmt, bis das Lachen vielleicht eines Tages müde wird und wir nichts mehr übrig haben, kein Lachen, keine Küsse, keine Wahrheit, was dann, wenn wir nicht einmal mehr gemeinsam einsam sein können, was dann. Lass uns am Fenster sitzen, bis wir vergessen haben, was noch drinnen und was schon draußen ist, bis uns die Augen übergehen vor Himmelweite und die Herzen vor Leichtigkeit; ein Sperling will ich sein mit dem Mut eines Falken, ein Adler mit den Gemüt einer Nachtigall.

9. Januar 2012

geschüttelt, nicht gerührt

Magnificent. Ein Augenblick voller Klarheit und Unverständnis, obendrauf ein plötzliches Aha, so wird das Nichtnachdenkenwollen zur Fantasterei. Vom Täuschen und Träumen, vom Leben und Lieben, von hier nach da und noch hundert Kilometer weiter. Bist du bereit, bist du anwesend und haltbar, bin ich Wachs oder Stahl oder eine Zimmerpflanze für dein Fensterbrett, bin ich bereit, bin ich hier und tragbar, bist du ein Umweg oder der goldene Schnitt. Porzellanseele, Keramikemotion, Blindpuzzelei. Ich eine Unbekannte, eine Unbedingtheit, eine Herbstzeitlose im Sommerkleid, wir verwundet und verwundert ob der Nachlässigkeit der kleinen Tode und schweren Geburten, stellen wir uns unablässig Fragen, auf die auch die Welt keine Antworten weiß.

6. Januar 2012

mu|tiger

Zerknittert schaust du auf das Neue Jahr, fragst dich, was da kommen mag, was sich ändern wird vielleicht und wie du das alles in den Griff bekommen sollst. Es sind zu viele offene Baustellen auf einmal, auf denen die Kräne stillstehen, du ohne Schutzhelm unterwegs und in deinem Nacken der Zeitdruck, er stiert dich an mit dieser Ungeduld im Blick. Statt weiterzuarbeiten bleibst du stehen und weinst, wirst wütend, weinst, wirst wütend. Das könntest du tagelang durchhalten, diese Wechselhaftigkeit, Wut, Trauer, Tränen, Unverständnis, tagelang, aber vorwärts bringt es dich nicht, das ist kein Geheimnis; könnte mich mal jemand trösten bitte, könnte mal einer meine Hand halten, das wär doch mal was, nur für ein paar Minuten, bis die Augen nicht mehr so verquollen sind und ich die Hoffnung wieder sehen kann. Kann mir einer Mut geben statt immer noch mehr Angst und Verzweiflung und Wissen darum, dass mein Schicksal selbstgemacht ist und mein Kopf einfach immer nur alles übertrieben betrachtet, das ist, was ich mir wünsche für 2012: Mut, gerade genug, um nicht zu verzweifeln, ein bisschen darüberhinaus, um weiterzugehen.

2. Januar 2012

angst begleitet den aberglauben

Dann gehst du allein nach Haus. Es könnte dein Tantra werden über die Zeit, ein schaurigschönes, tränenumsäumt, ein bisschen nur. Aber was ist das schon gegen den ganzen Rest der Fragen in deinen Fingerspitzen, eine Ersatztraurigkeit vielleicht, die dich ablenkt, eine überlagernde Sehnsucht, die an deinen Zehen nagt, bis du das Gleichgewicht verlierst. Du findest keine Antwort in fremden Augen und fremden Betten, keine Antwort im Verhalten der Anderen, nur in dir selbst und du fürchtest dich.
Zu Recht.