28. Mai 2012

hinter den wolken sind wir uns fremd

So geht das also. Mut antrinken und fassen, ein bisschen über den eigenen Schatten springen, kein Wunder eigentlich, dass man in diesen Schuhen dann auf die Schnauze fällt dabei. In zwei Wochen oder in zwei Jahren vielleicht, vielleicht nie wieder, man kann das so schön diplomatisch ausdrücken; ich muss dann mal weg, da wartet jemand, ich hingegen warte auf den Moment und das letzte Bier endet als Rinnsal zwischen den Pflastersteinen. Ein bisschen schockiert vielleicht über die Kälte hier, Zeit hat man immer für etwas, was einem wichtig erscheint und wenn es nur fünf Minuten sind für ein Hallo und eine kurze Erklärung, weit ab vom „Lass mal, es geht hier nicht um dich“. Danke, das dachte ich mir schon, wir sind ja nicht emotionsblind, auch wenn es vielleicht besser wäre ab und an, lass mal, lass mal stecken, in zwei Wochen vielleicht, in zwei Jahren dann oder auch nie.

23. Mai 2012

wie nähert man sich mit dem kopf voraus dem nullpunkt

Unter Umständen. Wir wissen, wie das funktioniert, wir haben das ausprobiert, bis wir es blind beherrschten, zumindest die ersten Schritte, die ersten Handlungsanweisungen kennen wir auswendig. Wie es weitergeht entscheidet das Drumherum, die Sonne lacht uns ins Gesicht und wir lachen zurück, bis wir mit dem Kopf gegen Wände stoßen, die wir nicht ahnen aber zu denen wir uns bekennen, blind. Irgendwann merken wir plötzlich, dass es weniger weh tut, weniger brennende Spuren hinterlässt, die Schnittkanten verlaufen glatt, du sitzt es aus, es sitzt dich aus und die anderen fragen nicht mehr. Es geht aufwärts, auch wenn du dich immer noch gern in dich selbst verrennst und verwirrt durch die Nacht stolperst, mit all diesen Erinnerungen im Kopf und der vielen Zuneigung, die glitzert und lockt und locker daherkommt, als wäre sie ein Sommergewitter, ein Blizzard in deinen Eingeweiden, ein warmer Regen in deinem Kopf und ein Regenbogen auf deiner Haut; wie gestern und heute und immerzu, nichts ändert sich, nur dein Blick auf die Welt und die Menschen um dich herum ab und an, dein Herz ein Kaleidoskop.

20. Mai 2012

was, wenn nicht diese bilder im kopf

Dass du mir aber auch so über den Weg laufen musst, ohne es überhaupt zu wissen, ohne es zu ahnen, wie blind und sprachlos und ich mit einer Pappnase auf trampelst du durch meinen Garten aus Gedanken und die Brombeersträucher zerkratzen deine Waden, spürst du es, fühlst du überhaupt noch etwas oder bin ich schon tot innendrin, hab ich schon aufgegeben oder holst du nur Luft, um weiter zu tauchen als jemals zuvor, wer kann das ahnen, wenn man doch alles abblockt, was Aufschluss geben könnte, wenn man so knapp neben sich eine Mauer gebaut hat aus Nichtwissenwollen aber der Bauch muckt auf und klettert am wilden Wein empor, während der Kopf sich anderen Dingen zuwendet, sich überschlägt vor lauter Ablenkungsmanövern und bald ist der Sommer da und dann der Herbst und der Winter und ichwiralle wieder dunkelgrau mit Tequila auf den Lippen und Fragen in den Fingerspitzen und Disteln im Haar.

19. Mai 2012

nachts stolpert man schnell

Dann stellst du fest, dass du alt geworden bist. Wie ein Denkmal stehst du im Scheinwerferlicht, am Sockel ein Bronzeschild: Bitte nicht berühren. Eine museale Erinnerung, die andere inspiriert und kurz innehalten lässt; Stein trotz allem, die Marmorkanten angeschlagen. Wie müde man sein kann in solchen Nächten, wie starr und unbeweglich, wie plump und verständnislos, wenn angesichts der eigenen Zeit alles lächerlich wirkt, man selbst auch ein bisschen aber schämen werden wir uns später dafür, wenn überhaupt. Kann uns mal jemand festhalten bitte und uns ernsthaft sagen, dass wir einen Augenblick Nähe wert sind, einen Moment Wärme und ein wahrhaftes Lächeln; ein Blick, ein Buch voller Fragen und der Platz für dein Denkmal ist schon planiert.

18. Mai 2012

komm, wir übertreiben ein bisschen um zu überleben

Nebeneinanderliegen und sich verstehen, sich kennen und aneinander festhalten, so lange es gut geht. So lange man hier ist und die Gedanken nicht wegdriften, bis der Moment kommt, this akward moment when you realize: da unter deinen Fingern ist die Haut glatt, da ist diese Narbe nicht, da ist etwas anders. Nicht im Bösen und auch nicht im Guten, der Rest ist Flucht vor sich selbst und wenn ich irgendwann bleiben kann, dann ist es besser geworden und gut, dann habe ich genug Schutt und Asche darübergeschaufelt, damit es in den Augenblicken der Nähe nicht wieder hochkommt.

15. Mai 2012

wir trotzkopfen uns aus der gefahrenzone

Wie man halt doch immer wieder allein zurecht kommt. Ein kleines Wunder ist das ja, ein stetiges Aufsteigen und Runterfallen, up’n’down, formelgleich; wie Menschen sich so aneinander festhalten, dass es eigentlich schon schmerzhaft sein muss. Dieses Ineinanderverkrallen und -krampfen. Wir nehmen uns vor, locker zu sein, aber die wenigsten schaffen es, stattdessen blühen uns Veilchen vom vielen Aufdieschnauzefallen. Also zwirbeln wir halbherzige Versprechen zu Stahlseilen und merken nicht, dass das Material längst müde ist und haarfeine Risse uns durchs Innerste tanzen; da hilft kein Sekundenkleber und kein Schnaps, die Risse sind da, wir füllen sie mit Hoffnung und Angst. Aber immerhin sind wir uns dessen bewusst. Darauf noch ein Pfund Sonnenschein und einen Milchkaffee, lass dich mal ein, lass dich mal drauf ein, der Milchschaum prickelt auf der Oberlippe und ja, die Zukunft macht Angst, aber die Vergangenheit lehrt uns Geduld und Mut und die Tatsache, dass ein bisschen Verwirrtheit nicht schadet.

13. Mai 2012

unter uns gesagt ist schweigen nur blendwerk

Von den Tragödien haben wir uns verabschiedet, lange schon, das schaffen wir einfach nicht mehr, die Zeit nagt an unseren Zehen. Statt uns zu fragen, was eigentlich passiert ist, fragen wir uns nur, wie man sich aus dem Weg gehen kann manchmal – erstaunlich einfach, obwohl die Stadt ein Dorf ist und wir wie Könige in ihr; bettelarm an Verständnislosigkeit zerbrochen, aber das macht nichts, nicht hier, nicht in diesen Zeiten der ständigen Suche und des ständigen Darüberhinwegsehens. Augen auf und Licht, nachts dann unterm Sternenhimmel dahintreiben und sich leise flüsternd Mut zureden bis der Tag uns wieder übermannt; hohl sind wir nicht, nur ausgehöhlt manchmal, da tönt ein Echo in unseren Köpfen und Herzen und es klingt wie ein Lied von früher, als irgendwer uns die Hand hielt, bis wir eingeschlafen waren; der Text kommt uns nicht mehr in den Sinn, aber die Melodie, die Melodie lässt uns nicht los.

8. Mai 2012

wie trägst du ein tageslichtlächeln nach anderswo

Fucking Freakheit, lässt uns an kalten Schultern weinen und in der Tiefe versenkte Momente zählen, du brauchst viele Hände dafür, deine eigenen reichen nicht, wer aber hält das schon aus. Frag nicht, nicht woher und wohin und warumüberhaupt, nicht nach morgen und erst recht nicht nach gestern, stellen wir lieber fest: das Lächeln frisst sich in dein Gehirn und bleibt dort hängen, im Krampf der Unklarheiten und Unwiederbringlichkeiten, im Neuronengeschützfeuer deiner verlorengegangenen Momente voller Gefühühühl, auf den Lippen ein Lied, das so leicht daherkommt, als hättest du den Verstand verloren. Vielleicht haben wir das längst schon: den Verstand verloren, irgendwo unterwegs, auf den Pfaden und Schnellstraßen unserer Einsamzweisamkeiten, alles nur Blechschäden, bis der wirtschaftliche Totalschaden da ist und wir verblüfft vor dem Schrotthaufen stehen, der irgendwann mal unser Herz war. Lang ist’s her. Schubidu, pfeifen wir und gehen zu Fuß weiter. Irgendwo muss doch ein Ziel sein.

6. Mai 2012

barfuß suchen wir nach dem leben

So herrlich unentspannt tröpfelt das Leben vor sich hin und wir mit ihm. Ab und an trifft uns ein Papierflieger mitten ins Gesicht, das macht nichts, jedenfalls nichts kaputt aber sonst auch nicht viel; wir sind herrlich entspannt, sagen die anderen, sagen wir uns immer wieder vorm Spiegel bis wir uns selbst glauben, ein wenig nur. Das reicht, um nicht durchzudrehen. Immerhin. Troztdem vermissen wir es, das gehalten werden, das halten dürfen, ein bisschen Wärme und all diesen romatischen Scheiß, auch ohne Kerzenflimmern und Backgroundmusik; den Wein können wir auch alleine trinken, er schmeckt, nur halb so gut aber was macht das schon, nachts kuscheln wir uns in unsere Betten und schlafen nicht, daran haben wir uns gewöhnt, das kennen wir, kein Grund zur Panik.

5. Mai 2012

go-go-gadget-o-herz

Mit diesen Schrammen in der Seele. Abstürzen, sich alle Knochen brechen; so lang das Hirn noch funktioniert, heilen wir schnell. Als wären wir aus Gummi manchmal, so dehnt sich unsere Zuneigung aus und erreicht den Horizont, angespannt und immer mit diesem Widerstand. Loslassen heißt, in die Ausgangspoition zurückzuschnellen, mit dieser vagen Erinnerung an den Zustand der Ausdehnung, eingeschrieben in die Moleküle unserer Seltsamkeit; das ist gut so, etwas bleibt, etwas bleibt immer zurück und wir halten uns daran fest. Mag sein, dass das Material schnell porös wird, davor fürchten wir uns und das Ausdehnen macht uns nervös, nur nicht zu schnell, am Ende reißt uns das Herz auf, nur nicht zu schnell, am Ende verlieren wir unsere Spannkraft, nur nicht zu schnell.