16. September 2011

durch|blick

Was wundert uns das alles noch, nach den Tagen und Nächten, die wir bereits erlebt und verlebt haben, was wundert es uns. Du am anderen Ende der Welt und in meinem Kopf sehe ich dich lächeln, ein Lächeln am anderen Ende der Parallelstraße. In der Tram ein mutiges Klettermädchen, fünf Jahre alt mit dunklen Locken und ich fange fast zu Weinen an in meinem Businessdress, tatsche mir auf die Brille beim Versuch, zu tun, als hätte ich da etwas im Auge. Mit diesem Fettfleck vor der eigenen Sicht sieht die Welt gleich viel besser aus, denke ich und steige doch tatsächlich an der richtigen Haltestelle aus, laufe dafür aber beinahe einen unachtsamen jungen Mann um, der mir gerade bis zu den Brüsten reicht. Ich muss unvermittelt lachen, weil er mich ansieht, als wäre ich eine Erscheinung. Meine Schuhe machen mich in seinen Augen zu einer riesenhaften Geschäftsfrau, dabei bin ich nur müde und fühle mich unwirklich, unwirklicher noch, als es ihm scheinen mag. Mein Lachen ist ein Hilferuf an den Gott der Gottlosen, ich entscheide mich gegen die U-Bahn und gehe den Rest zu Fuß, dabei kommt mir Darth Vader entgegen mit einigen Troopers im Schlepptau, ich glaube ganz kurz, die Büromüdgkeit spielt mir einen Streich, nur um daraufhin festzustellen, dass diese seltsam unwirklichen Begegnungen nicht seltsamer und unwirklicher sind, als meine letzten Monate in diesem mistverdammten Jahr, nicht seltsamer als meine latente Traurigkeit und nicht unwirklicher als unsere vergangene gemeinsame Zeit.

Ich muss geträumt haben. Vielleicht schlafwandle ich immer noch.