17. April 2012

wie leer du dich fühlst, wenn du Zeit dafür hast

Wenn dann plötzlich die Stille kommt nach diesen Tagen voller Wucht, wenn dein Körper dich ins Bett zwingt und dein Kopf sich nicht mehr wehren kann. Zehn Stunden Schlaf und eine Weisheit später steht ein Tag vor dir und die Sonne lacht, als wäre es nie anders gewesen, als hätte nicht gestern noch der Winter seine Finger um dein Herz gelegt und kräftig die Fingernägel hineingegraben mit sadistischer Fröhlichkeit. Wenn das nur immer helfen würde: die Kälte verschlafen und die Einsamkeit und die Gedanken, über Nacht alles gut werden lassen ohne Aufwand, im Schlaf die Welt neu erfinden und dich selbst, durchgeträumt und doch überlebt.

14. April 2012

wir fragen nach morgen und denken an gestern

Wie einen manche Wochen halt einfach mal durchficken, mit großem Tamtam und allem, was dazugehört, mit Plusminusplusgedanken, alles auf einmal; ein Leben, reduziert auf sieben Tage und dieses Schwindelgefühl, wenn du dann mal kurz innehältst. Wieviel erträgt ein Mensch in so kurzer Zeit, wieviel kann man schlucken, bevor alles wieder hochkommt, wieviel Schmerz kann man fassen und wieviel Glück, und wie geht das eigentlich: traurig und glücklich sein zugleich, im permantenten Wechselbad zu stehen, heißkalt und kaltheiß, kaltheiß und heißkalt, wie geht das in einen Kopf und in ein Herz, ohne dass irgendwas kaputtgeht dabei.

19. März 2012

hinter den augenlidern flackert es

Manchmal ist alles ein bisschen viel auf einmal, manchmal möchten wir mehrmehr und noch ein klein wenig obendrauf, das soll nie aufhören, flüstere ich und die Realität reißt mich am Riemen, für manche Dinge kommen wir immer zu spät. Den Raum betreten und das Herz in deine Richtung werfen, ganz heimlich nur, unter der Hand und der Musik, auf den Lippen brennt mir ein Kuss, ich weiß nicht wie, ich weiß nicht ob und frage still nach Erlaubnis. In mir drin tönt es und ein Echo hallt, ich fühle mich fehl am Platz, kann nichts beitragen und versuche auf Kosten anderer meine Seele mit Nahrung zu füttern. Muss ja nach hinten losgehen, sowas passiert ab und an, wenn man nicht recht nachdenkt oder einfach zu viel, muss ja, denke ich und frage mich, wie ich da eigentlich hineingeraten konnte, sprachlos in eine klingende Welt, taub in eine tönende Galaxie.

16. März 2012

mit flügeln aus glas und den köpfen voll beton

Innehalten und einatmen, langsam steigen, Aufwind. Wir wissen, wie man fliegt, es ist ganz einfach, loslassen und abheben, Armflattern, Luftschwimmen, große Sprünge. Was wir nie gelernt haben, ist das Landen. Ich wache jedes Mal auf davon, Schweißperlen auf der Oberlippe und ein kleiner Alptraum, die Laken zerwühlt, den Kopf in den Wolken und im Herz einen haarfeinen Riss, du weißt, dass das so sein muss und nicht anders, es ist das Leben, das schenkt dir nichts, es leiht dir höchstens etwas. Ein paar schöne Stunden vielleicht, fünfzehn Minuten Ruhm, ein Lächeln ab und an, manchmal auch mehr. Du bekommst, was du gibst und du gibst alles hin und wieder, bis auf den Grund, bis zur Verzweiflung, bis zum Schmerz in dir drin, den du nicht mit Sicherheit zu bestimmen weißt und ja, das ist es wert, wenn du dafür auf zerbrechlichen Flügeln das Landen lernst, quälend langsam, aber doch.

14. März 2012

nachts liegen die felder brach

Fünf Stunden Schlaf sind genug, fünf Stunden Schlaf müssen genug sein, Nacht für Nacht für Nacht, wenn du noch Zeit für das Leben haben willst. Mein Tag bräuchte 36 Stunden in diesen verknautschten Wochen, in denen man mit allem herumjongliert und strauchelt manchmal, das Leben ist keine Wellnessfarm und hat hin und wieder Eier aus Stahl, reintreten bringt nichts, du brichst dir nur die Zehen dabei. Durch/aushalten, weitermachen und ein bisschen in die Kamera grinsen, sich auf Dinge freuenfreuen, als wäre Weihnachten nicht eben erst vorbei und im Büro einschlafen mit offenen Augen, bis dich dein eigenes Schnarchen weckt, scheiß auf den Chef, scheiß auf den sicheren Job, wenn doch dein Glück niemals am seidenen Faden einer Firma hängen wird, fünf Stunden Schlaf sind genug im Tausch für das Ich.

5. März 2012

zwischen den speichen

Vor Entscheidungen stehen mit großen Augen, das können wir, bewegungslos wie scheue Rehe und dabei doch die Contenance verloren, hoppla, ein überfahrenes Tier, huch, das überfahrene Tier bist ja du selbst. Ein bisschen doof steht man dann dabei und schaut auf diesen Unfall, es ist ein Schlag ins Gesicht und du versuchst noch zu lächeln, es wird nicht viel mehr als ein Zähnefletschen daraus. Umdrehen und weggehen ist das Beste, was du tun kannst, umdrehen und die Bilder vergessen, man kann ja schließlich schlecht für den Rest seiner Tage an Ort und Stelle stehenbleiben, auch wenn du das dringende Bedürfnis hast, zur Salzsäule zu erstarren, das funktioniert so nicht, das nimmt dir keiner ab, nicht mal du selbst.

29. Februar 2012

geradeaus ist auch nicht besser

Und du wartest. Auf den Zug und eine Email, auf den Schlaf und das Wachwerden, auf eine Antwort, einen Anruf, eine Lächeln. Du stehst dir die Beine in den Bauch und wartest auf den Frühling, darauf, dass irgendwas endlich besser wird, auf den Traumjob, den Traummann, das Träumen, wartest auf einen Sonnenstrahl oder den Regen, auf beides gleichzeitig und auf eine Erkenntnis, trinkst Tee und wartest ab, bis einer kommt und dir einen Kuss auf die Stirn gibt, bis die Wohnung sich von selbst putzt, bis die Nacht zum Tag wird und umgekehrt. Sortierst Gummibärchen nach Farbe und wartest auf das nächste Lied, auf das richtige Füllmaterial für das Loch in deiner Seele, auf ein Ja oder ein Vielleicht, vielleicht auch auf ein Nein. Die Stunden ziehen ins Land und du sitzt da, starrst an die Wand, starrst auf den kahlen Baum vor dem Fester, starrst in dein Inneres, es starrt zurück, wartest, bis dir endlich mal einer den richtigen Tritt gibt, damit du aufhören kannst mit dem Aufhören und anfangen mit dem Anfangen.

27. Februar 2012

wir tanzen keine walzer mehr

Ich würde gerne sagen: Der Beat pocht. Aber der Beat hat Urlaub, glaube ich, oder ist ausgewandert, wasweißichschon. Stattdessen summe ich Lieder von Baukränen und Füßen aus Beton, mit Flattern in den Armen, von meiner Sehnsucht, die meine Triebfeder ist und die ich nicht benennen kann. Stell mir keine Fragen, zur Antwort bekommst du nur die Abgründe; stell mir Fragen, damit ich der Antwort näher komme. Gib mir einer den Beat zurück, das pulsierende Leben, die Frequenz zum Durchdrehen, Abhotten, Freitanzen, das Gefühl, auf der Tanzfläche zu sein; Zappeln ist das neue Kniewippen, Abheben das neue Kopfnicken, Schreien und Heulen der neue Therapietrend, damit kennen wir uns aus, aber wehe, einer fragt nach deinen Träumen, nach deinen Zielen oder gar nach dir selbst, dann gnadeihmwer, dann holladiewaldfee, uiuiui, festhalten, anschnallen, Achterbahn und vorher schon fünf Bier getrunken auf die extragroße Portion Zuckerwatte, los geht die Fahrt und unten am Kassenhäuschen steht dein Verstand und lacht.

24. Februar 2012

seepferdchen

Dann schwimmst du eben mit, immer weiter, nur nicht aufhören, in Bewegung bleiben, damit du nicht sinkst wie ein Stein. Wäre ja noch schöner, unten am Grund zu liegen, blind und taub, mit diesem Druck im Gehirn, während der Rest Synchronschwimmen übt. So lange du dich um die Koordination deiner Gliedmaßen kümmern musst, kommst du wenigstens nicht auf dumme Gedanken. Gut so, auch wenn das bedeutet, dass du keine Zeit hast, dieses seltsame Glück zu genießen, das dich derzeit so flutet, keine Zeit, um durchzuatmen, dir das alles mal ganz genau anzuschauen und sei es nur, um ein Erinnerungsfoto zu machen für deine Wall-of-Fame der fucking besten und schlimmsten Momente deines Lebens, für diese Chinesische Mauer deiner Emotionen, diese Berliner Mauer deiner Liebe.

4. Februar 2012

wir brechen keine regeln, wir brechen uns die beine

Es ist so kalt in Deutschland, dass deine Gedanken an den Umständen festfrieren und deine Gefühle mit Rauhreif überzogen den Kältetod sterben, es ist so kalt in dir drin, dass auch die Sonne dich kaum aufheitern kann. Es ist kalt geworden, plötzlich und wie mit einem Donnerschlag, es hat dich überrollt und du wachst auf und spürst dich nicht, nur die vermaledeite Leere, die dir zwischen den Zähnen hängt wie Sand, es knirscht ein bisschen im Gehirn und deine Finger sind taub. Aufwachen, weiterleben, einschlafen und nicht träumen dabei. Aus dem Haus gehen und gefrorene Tränen wie Perlen von den Wangen pflücken, wir leiden nicht, wir rätseln bloß und setzen einen Fuß vor den anderen. Tritt um Tritt, Atemzug um Atemzug. Zurück bleibt nichts, zurück bleibt alles und wir auf der Strecke dabei, wer wundert sich noch, wer geht noch aufrecht.