29. August 2012

das salz auf deinen wangen kommt vom meer her

Wie Sonnenbrand von innen fühlt sich das an, so viel haben wir geliebt und gelacht und gestritten eben auch, so wie es eben normal ist und uns heute nicht mehr wundert nach all den Jahren. So jung noch und so desillusioniert, höre ich sie sagen, so jung noch, lache ich, haha. Siehst du die Ringe unter meinen Augen und die Narben an den Beinen, ja, ich bin ein Rabauke und oft genug mache ich alles kaputt, zerstöre Zwischenmenschlichkeiten und Momente mit meiner unbedachten Art, aber auch mit Liebe, wenn du mir glaubst, mit Sehnsucht und der Gewalt der Nähe, die einen packt und durchschüttelt und ganz verknittert wieder ausspuckt am Ende der Nacht oder des Tages oder der Woche am Meer, mit Zuneigung und Toleranz und dieser Ungeduld, mit Vertrauen und einem Kuss auf der Stirn und mit dieser Angst, die mich treibt, bis ich nicht mehr weiß, wie man atmet und vergessen habe, dass Zeit eben einfach nur Zeit ist und das alles hier kein Wettlauf. Anhalten, Luftholen, den Sekundenkleber griffbereit.

 

30. Juli 2012

lass mal anders machen

Wir malen den Himmel blau mit unseren Zehenspitzen und unser Haar wird zu Gras. Wenn wir könnten, würden wir uns lassen, gehen vielleicht, oder auch lieben, mit ein bisschen Glück sogar beides, das wär doch mal was in diesem Sommer unter Herbststernen, in diesen Wende- und Wunderzeiten mit all diesen Mo(nu)menten darin, während wir nur darauf warten, dass plötzlich alles wieder anders wird. Nicht samtpfotenschleichend sondern mit Krawall und Remmidemmi, mit  Luftballons, lustigen Partyhütchen und Knallbonbons, und wir mittendrin lachendweinend, wie das eben immer so ist: it’s my party and I cry if I want to, rufe ich in meinem Kopf und die Wand bleibt stumm und das Leben auch und wir erst recht, weil etwas Ruhe und Gelassenheit ja auch mal ganz gut tut.

23. Juli 2012

und rauschen im ohr

Wir wundern uns. So sehr manchmal, dass wir uns übers Wundern wundern, über dieses Kribbeln auf der Nasenspitze und unser Nichtverlangen, über uns selbst, wie wir nach Hause gehen ohne Einwände und Umstände, ein safeplace unser Wolkenschloss und ein panic room unsere Einsamkeit, die mehr Alleinsein ist als sonst irgendwas. Die Hände austrecken und im Dunkeln tappen, blind wie unsere Seelen, selig wie unsere Blindheit und wir darin, nicht gefangen aber versteckt unter einem Berg aus wärmenden Decken und drückenden Träumen, aus Waswarnochgleichgut und Wiewardasnochgleich. Solange wir Luft bekommen, schließen wir Frieden mit den Ungereimtheiten, so lange wir atmen können, sind wir einander wohl gesonnen; möge der Sommer uns die Haare spalten und die Feuchtigkeit das Salz aus den Wunden waschen, es wird, es wird schon, schön irgendwie.

 

11. Juli 2012

neben den dingen kennen wir auch

Hut ab und unter die Decke gekrochen, da sitzt du dann, nackt irgendwie, aber glücklich immerhin. Fragen stellen wir schon lange nicht mehr, ab und zu holt uns eine Erinnerung ein und ein Hauch von Hach, weißt du noch, damals, da waren wir anders aber genauso blöde wie heute und genauso verwundbar. Schön, wenn wir uns erinnern, schön auch, wenn wir uns nicht erinnern, aber wenigstens tanzen wir und wissen unser Leben zu schätzen, dann und wann auch immer du magst, halt mal kurz, das dauert nicht lang, nur, bis dieser Gedanke wieder weg ist. Und ich hauche dir eine Frage auf die Stirn und einen Kuss in den Nacken, ich fühle mich so und so und dann wieder anders, wie fühlst du dich eigentlich und was macht das schon, wenn Menschen aus deinem Leben verschwinden, klammheimlich und ganz leise, es kommen neue nach, was halten soll hält auch, sag ruhig, dass das ignorant ist, aber stell dir vor, dein Dachboden und der Keller und die Regale und Kisten wären alle voll mit Erinnerungsmenschen und unter dem Bett lägen sie auch noch, das hält keine Sau aus und dein innerer Schweinehund erst recht nicht aber in dir drin flüstert’s: Schschsch, winning a battle and losing a war, schschsch.

1. Juli 2012

hinterm schuppen sprechen wir übers wetter

Und unter uns liegt die Welt, wie sie eben ist: ein bisschen marode, in vielen Fetzen, die wir ständig zusammensammeln wollen. Teilchen für Teilchen, nichts passt recht zueinander, aber das macht nichts, irgendeine Aufgabe brauchst du, damit du nicht zu viel nachdenkst und darüber am Ende noch alles vergisst; vielleicht sind wir ja betrunken und merken es gar nicht mehr, so viel geht vor sich, Teilchen für Teilchen, du lächelst, ich auch. Ich auch, wie ist das denn jetzt so plötzlich passiert, frag ich mich und gehe in die Knie, weil ich fast auf ein weiteres Stück unserer Sammlung getreten wäre vor Schreck und Gedanken, da schau, es passt wieder nicht zu den ganzen anderen Dingen, sag ich und du lachst: Wäre ja noch schöner.

27. Juni 2012

in unseren köpfen brennt es

Der Sommer liegt in den Wehen und nichts passiert, wir warten und warten und lächeln gezwungen, bis die Sonne eben hinter den Wolken wieder untergeht. Das ist schon okay so, das ist wie eine langsame Wanderung ohne rechtes Ziel, nur mit der Ahnung, dass man irgendwo hinter dem nächsten Wald, dem nächsten Hügel vielleicht ja einen Ort zur Einkehr findet, mit kühlem Bier und deftigem Eintopf, mit einer Bank im Garten zum Sitzen und Träumen und Luftholen. Weiterwandern, Schritt um Schritt, vielleicht kommen wir an irgendwann. Und wenn auch nicht, was macht es schon, sind wir eben Weltrekorde gewandert, nicht weiter schlimm, wenn man nur genau genug alles um sich herum beobachtet, ab und an auch mal stehen bleibt, zum Einatmen, zum Wundern oder Weinen, zum Ausatmen; die Landschaft ist doch recht schön, sagst du und ich blicke voll Sehnsucht zum Horizont, der mich anschweigt und leuchtfeuerrot die Sonne verschlucken will.

23. Juni 2012

unsere wut ist ein sommerregen

Der Kopf ein Käfig, ein Ameisenhügel voller Gedanken und die Königin ist tot, wie lösen uns auf, in geordnetem Chaos. Zurückschauen, umsehen und feststellen, dass wir uns verändert haben, über all das Suchen hinweg, mit dieser ganzen Sehnsucht in der Magengrube und der Narrenkappe auf, es stört uns nicht einmal mehr, es ist uns gleich und gleich und ein bisschen zum Lachen ist es ja schon. Das ganze Getöse immer, das ganze Gezeter und die ständige Angst, wer kann sich da noch ernst nehmen, wer kann noch ernst bleiben, wer stiehlt ein Pferd, wer reitet darauf ohne Sattel.

21. Juni 2012

viele risse geben noch lange keine grube

Hast du jemals daran geglaubt, fragst du und ich antworte mit einem Rätsel und einer Gegenfrage; wenn die Musik laut genug ist, kannst du meine Zweifel nicht hören und Sehen in diesem Nebel heutzutage ist ohnehin schwer, der Alltag nimmt uns bei der Hand und die Angst kommt und geht, kommt und geht und bleibt manchmal, es fühlt sich endgültig an und die wenigen positiven Beispiele musst du mit Wut und Zorn und Wodka ans Licht zerren. Wie totes Gewebe schlabbert dein Herz und dein Hirn in dir rum und all die Komplimente bringen nur wenig, kennste schon, haste schon mal gehört, hält nicht lang genug an; das Kopfkino springt an und kurz vor den wirklich interessanten Stellen, den Szenen mit Liebe und Hass und Verzweiflung und Blut und abgetrennten Körperteilen, bleibt der Film hängen, wieder und wieder an der selben Stelle.  Und wo leiht man sich heute schon einen neuen Film, wo es doch keine Videotheken mehr gibt, die dich wenigstens für fünfzehn Minuten an die frische Luft treiben könnten; stattdessen Stream ab, aber deine Bandbreite macht das irgendwie nicht mit.

18. Juni 2012

wie ein lektor vorm blindband

Wie man sich begegnet manchmal, nur aus dem Augenwinkel mit zitterndem Blick, wie man sich sieht und doch nicht erkennt, weil etwas uns verbirgt hinter zentimeterdickem Glas oder zu altem Staub, weil wir die Hände nicht frei haben und den Kopf erst recht nicht. Ein Zeichen setzen wir, damit man uns finden mag irgendwann, damit wir nicht völlig untergehen, damit wir nicht klammheimlich verschwinden im Nirgendwo, aber wer kann schon die Kritzeleien lesen, die wir in die Innenwand unserer Herzen ritzen mit spitzer Nadel und stumpfer Angst, wer kann schon direkt hineinschauen in dich und in deinen Gedanken blättern, in deiner Geschichte lesen, als wärst du ein offenes Buch mit gebrochenem Rücken, Hardcover, der Schnitt schon angegilbt, die Bindung löst sich, so wie du selbst.

11. Juni 2012

bis die füße bluten

Ein Käfig und du, wir sehen uns nicht und doch. Wenn man die Augen nur fest genug verschließt, dann hat es am Ende etwas befreiendes. Augen zu und durch, denken wir uns, Augen zu und weitermachen, was wir nicht sehen, berührt uns nicht, oder sagen wir es so: weniger, leichter nur, wie ein Fledermausflügelschlag, wenn überhaupt. Dass man vom Weg abkommen mag dabei, ja, nun, wir stolpern ohnehin so viel herum, das macht doch nichts, das kratzt nur ein bisschen das Selbstvertrauen an; gut, wenn man genug davon hat. Ein Käfig, vier Wände und diese Sülze im Kopf, ein Käfig, vier Wände und dich im Kopf; ich tanze und tanze und meine Füße bluten, in diesen Schuhen sieht man es nicht, die Investition hat sich gelohnt. Und dann: Augen auf und oha!, eine Erkenntnis vielleicht, Selbstschutz eventuell aber immerhin: Nichts weiter passiert, nur ein bisschen die Ellbogen aufgeschürft an den Mauern, der Käfig aber, er hält, was er verspricht.